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100 Jahre Frankenstein Bergturnfest - Auszug aus der Geschichte

Das Frankenstein Bergturnfest und seine Vorläufer

Die Bergturnfeste, heute ein fester Bestandteil des turnerischen Wettkampfgeschehens, haben sich aus den früheren "volkstümlichen Turnfesten" und den "Turngängen" entwickelt. So hat auch das "Frankenstein - Bergturnfest" seine Vorläufer. Erst mit dem "Turngang auf den Frankenstein" im Jahre1902 wurde die nunmehr 100jährige Tradition des Frankenstein - Bergturnfestes begründet.

Die ersten Volksturnfeste des Main - Rheingaues

Der 7. Gauturntag in Jahre 1873 beschloss die Abhaltung eines "volkstümlichen Turnfestes" und beauftragte den TV Erbach mit der Durchführung. Als Festtag wurde der Himmelfahrtstag 1874 bestimmt, als Austragungsort der "obere und untere Schöllenberg" km von Erbach entfernt. Als Wettkampfübungen waren Freiweit, Freihoch, Steinstoßen und Wettlaufen ausgeschrieben. Zugelassen waren sämtliche Vereine des Mittelrhein-Kreises. Am Himmelfahrtstag 1874 herrschte jedoch so schlechtes Wetter, dass die Austragung der Wettkämpfe auf den folgenden Sonntag, den 17. Mai, verlegt wurde. An diesem ersten "Bergturnfest" des Gaues beteiligten sich 24 Turner, von denen 8 Preise erhielten. 1. Sieger wurde der Turner Kühn.

Turngänge

Von 1882 an fanden alljährlich auf Gauebene zwei "Turngänge" statt, in jenem Jahr in Erbach und an der Bergstraße. Bei den Turngängen marschierten die Teilnehmer auf vorher festgelegten Routen zur Wettkampfstätte, wo dann die volkstümlichen Wettkämpfe durchgeführt wurden. Die Begeisterung flaute bald ab. Beim Gauturntag in Obernburg 1884 nahmen nur 32 Wettkämpfer teil, 1885 fielen sie wegen mangelnder Beteiligung ganz aus. Trotz der zeitweise geringen Beteiligung wurden die Turngänge weiterhin durchgeführt. Allmählich stieg das Interesse und in den Neunziger Jahren fanden die Turngänge regelmäßig statt. Die Anforderungen waren beachtlich, denn fünf bis sieben Stunden Marschzeit zur Wettkampfstätte mit anschließendem Dreikampf waren schon eine beachtliche Leistung.

Der Turngang auf den Frankenstein

Der 38. Gauturntag im Jahre 1898 beschloss, keine Gauturngänge mehr auszuschreiben, sondern an deren Stelle "probeweise" Turngänge mit volkstümlichen Übungen in den Bezirken durchzuführen.

Für den 1. und 3. Bezirk fand der erste Turngang im Juni 1902 auf dem Frankenstein statt. An den volkstümlichen Wettkämpfen beteiligten sich 80 Turner, 1. Sieger wurde A. Herbert von der TG 1846 Darmstadt. Mit diesem Turngang im Jahre 1902 rückte der Frankenstein in das turnerische Leben des Main - Rheingaues, dessen "Hausberg" er werden sollte.

Wieder der Frankenstein

Noch vor dem 1. Weltkrieg hatte der freie Main - Rodgau - Verband ein Bergturnfest auf dem Frankenstein abgehalten. Nach dem Krieg war es derselbe Verband, der seit 1921 dem Südwestdeutschen und damit dem Allgemeinen Deutschen Turnerbund angehörte, der die Wettkämpfe auf dem Frankenstein fortsetzte. Abgesehen von zwei Ausnahmen, fand das Frankenstein - Bergturnfest jährlich statt. Nach den Unterlagen wurde 1920 das erste,

1931 das 10. Bergturnfest des Main - Rodgaues abgehalten. Ob 1932 noch ein Frankenstein - Fest stattfand, konnte leider nicht geklärt werden, da der Allgemeine Deutsche Turnerbund 1933 aufgelöst wurde und die Akten verloren gingen.

In den folgenden Jahren war der Frankenstein bzw. die nach dem 1. Weltkrieg errichtete Gedenk - Stätte immer wieder Ziel der Gauwanderung, die im Gedenken an den früheren Vertreter des Mittelrhein-Kreises Schmuck als "Schmuck - Gedächtnis - Wanderung" bezeichnet wurde.

1929,1930 und 1932 führten diese zum Ehrenmal. Nach 1933, als die Vereine im Reichsbund für Leibesübungen organisiert waren, lebte das Frankensteinbergfest als reine Wettkampfveranstaltung wieder neu auf. Ausgetragen wurden Dreikämpfe mit 100 bzw. 75 m Lauf, Weitsprung und Kugelstoßen. Diese Wettkämpfe wurden von 1936 an alljährlich bis zum Kriegsjahr 1943 veranstaltet. Sie fanden großen Zuspruch und wurden trotz der zeitbedingten politischen Beeinflussung der Jugend besonders stark durch Jugendliche besucht.

Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg

Auf dem Kreisturntag im Dezember 1948 in Darmstadt stellte der damalige Kreisvorsitzende Philipp Matthes den Antrag, das Frankenstein - Bergturnfest ab dem Jahre 1949 wieder aufzunehmen. Die rund um den Frankenstein liegenden Turnvereine von Eberstadt, Seeheim und Nieder-Beerbach übernahmen die Herrichtung des Wettkampfplatzes auf dem Frankenstein. Als Initiator des ersten Frankenstein - Bergturnfestes nach dem 2. Weltkrieg stellte sich auch der damalige Kreisvolksturnwart Jupp Balzert zur Verfügung. Ihm und dem Kreisvorsitzenden Philipp Matthes gelang es, das Frankenstein - Bergturnfest zu neuem Leben zu erwecken, so dass es im Jahre 1949 wieder durchgeführt werden konnte. Es wurde auf der kleinen Waldwiese abgehalten und war mit einem Treffen der älteren Turner verbunden. Von Jahr zu Jahr stiegen die Teilnehmerzahlen und es wurde zum größten südhessischen Bergturnfest. So erwiesen sich die Wettkampfanlagen bei weitem zu klein und immer unzulänglicher. Daher wurde dem im Jahre 1951 gebildeten Bergturnfestausschuss unter Führung des damaligen Vereinsvorsitzenden des TV Nieder-Beerbach, Ludwig Jourdan, die Aufgabe gestellt, ausreichende Wettkampfanlagen zu schaffen.

Die Lösung hatte der mit der technischen Durchführung betraute Gauvolksturnwart Jupp Balzert bald gefunden. Mit Hilfe der Nieder-Beerbacher Vereine und unter seinem persönlichen Einsatz wurde in vielen unentgeltlichen Arbeitsstunden die Herrichtung einer neuen Wettkampfanlage In Angriff genommen. So entstand eine neue Wettkampfstätte in unmittelbarer Nähe der alten Anlage auf dem sogenannten Magnetberg.

Im Jahre 1958 übernahm dann der TV Nieder-Beerbach allein die Ausrichtung des Frankenstein-Bergturnfestes. Friedrich Wilhelm Pritsch, ehemaliger Bürgermeister von Nieder-Beerbach, übernahm den Vorsitz im Ausschuss. Während seiner Tätigkeit wurde das Holzgeländer an der Laufbahn erneuert und durch Betonpfosten umgestaltet. Ein Waldweg, der am Ende die Laufbahn kreuzte, konnte verlegt werden, so dass er hinter dem Ziel vorbei führte. Ab 1958 wurde bei den Schüler(innen) anstatt des Kugelstoßens im Dreikampf Ballweitwurf eingeführt. Dazu stand der Acker des früheren Pächters der Burg Frankenstein zur Verfügung. Da er heute als Parkplatz vom Naturpark Odenwald - Bergstraße benutzt wird, mussten die Wettkämpfe 1963 wieder von Schlagball -und Schleuderballwurf auf Kugel- und Steinstoßen umgestellt werden.

So konnte dann im Jahre 1962 anläßlich des 60. Bergturnfestes die Blockhütte von dem Vorsitzenden des Hessischen Turnverbandes, Franz Wilhelm Beck, ihrer Bestimmung übergeben werden. Er ging in seiner Ansprache näher auf die Bedeutung der Bergturnfeste ein und erinnerte daran, dass sie gewachsen seien aus dem Streben der Turner, an einem geschichtlich herausragenden Ort der Heimat in einer landschaftlich schönen Umgebung den Wettkampf auf einfachen Bahnen zu suchen, zu finden und zu bestehen. Gerade heute in einem höchst unromantischen Zeitalter, das von der Technik beherrscht werde, seien die Bergturnfeste ein wesentlicher Ausgleich. Wilhelm Beck weihte die Blockhütte mit den Worten: "Hiermit übergebe ich die Heinrich-Felsing-Hütte dem Schutz des Frankenstein-Bergturnfest-Ausschusses mit der Verpflichtung sie zu erhalten."

Im Jahre 1981 wurde unter Leitung des Platzwartes Peter Schneider, die 100 m Laufbahn nivelliert, die bis dahin eine Steigung von 3,50 m hatte. In den folgenden Jahren wurde die Anlage so gestaltet, dass sie als Freizeitfläche vielseitig für die Bevölkerung nutzbar ist. Den jährlichen Verwendungszweck als Wettkampfstätte für das Frankenstein-Bergturnfest sieht man ihr übers Jahr hinweg nicht an.

Entstanden anlässlich der 100-Jahr-Feier des Frankenstein-Bergturnfestes, 2002